Einige der erhältlichen Morse-Keyer sind in großen Gehäusen untergebracht, mit vielen Funktionen, Anschluß für eine PC Tastatur, dutzende Speicher und LC-Display und kosten viel Geld. Andere sind sehr günstig, haben aber nur einen Anschluß für eine Taste. Wer nicht gerade der Contester und DX-Jäger ist, gerne mal diverse Tasten an mehr als einem Transceiver verwendet und weder Steuerung über den PC noch Anschluß für Tastaturen benötigt, findet fast nichts am Markt.
Deswegen der BJ-Keyer, einfach, simpel, klein und trotzdem können mehrere Tasten und 2 Transceiver angeschlossen werden. Alles, was ich nicht benötige, habe ich auch weggelassen. Wer also auf der Suche nach einem Morse-Keyer mit ganz vielen Funktionen ist, dem empfehle ich eher, sich woanders umzuschauen.
Wer aber einen kleinen Keyer mit wenigen aber praktischen Funktionen sucht, sollte hier weiterlesen.
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In dieser Dokumentation werden diverse gleichbleibende Darstellungsweisen verwendet. Dies erleichtert Dir das Verständnis der Bedeutung. Texte, die auf dem Display erscheinen, werden in der Bedienungsanleitung so \texttt{dargestellt}. Quellcode wird in einer farbigen Code-Darstellung eingebunden.
Ein Morse-Keyer, die Tastelektronik, hat verschiedene Betriebsarten, die sich in der automatischen Erzeugung der Zeichen unterscheiden. Je nach Betriebsart gibt es einen Punkt- und Strichspeicher oder die direkte Erzeugung der Zeichen.
Bei einem zweiarmigen Paddle erzeugt ein Paddle (genauer die Tastelektronik) die Punkte und das andere Paddle die Striche. Diese Art von Paddle werden auch als Iambic oder Squeeze Paddle bezeichnet.
\subsection{Iambic A}
Im Iambic Mode A wird wird immer nur das Zeichen gegeben, dessen Paddle gerade betätigt wird. Wird das Paddle zu früh losgelassen, ergänzt die Tastelektronik das Zeichen auf die erforderliche Länge. Es wird kein weiteres Zeichen gesendet. Werden beide Paddle gleichzeitig gedrückt gehalten, ergibt sich eine Punkt-Strich-Folge. Wird der Kontakt wieder geöffnet, stoppt die Punkt-Strich-Folge. Es wird nur das Zeichen mit der erforderlichen Länge gesendet, welches beim Öffnen der Kontakte gerade gesendet wurde.
Im Iambic Mode B verhält es sich im Prinzip wie im Iambic Mode A, nur dass beim gleichzeitigen Öffnen der Kontakte das entgegengesetzte Zeichen des zuletzt geöffneten Kontakts angefügt wird.
Wie im Diagramm zu sehen ist, wird erst das DIT Paddle betätigt, dann das DAH Paddle, es sind also beide Paddle gleichzeitig betätigt. Es wird eine Folge von DIT und DAH, beginnend mit einem DIT gegeben, solange beide Paddle betätigt werden. Werden die Kontakte gleichzeitig gelöst, wird das entgegengesetzte Zeichen des zuletzt ausgebenen Zeichens, angefügt. Hier ist das ein DIT.
Beim Ultimatic Mode wird im Gegensatz zu den Iambic Modes bei der gleichzeitigen Betätigung beider Paddles ein DIT oder DAH und eine Folge des jeweiligen entgegengesetzten Zeichens erzeugt. Es wird zuerst das Zeichen erzeugt, dessen Paddle zuerst betätigt wurde. Im Anschluß wird kontinuierlich das Zeichen erzeugt, dessen Paddle zuletzt betätigt wurde.
Werden die Paddle gleichzeitig losgelassen, stoppt die Aussendung der Zeichen ohne die Ausgabe eines weiteren Zeichens wie beim Iambic Mode B. Wird ein Paddle losgelassen, wird die Aussendung mit dem noch betätigten Paddle fortgesetzt. Es kann somit eine ganze Folge von dem entgegengesetzten Zeichen in den Zeichenstrom des zuerst betätigten Paddles eingefügt werden. Damit können mehr Zeichen mit der Squeeze Technik gesendet werden, als es bei den Iambic Modes möglich ist.
Im Diagramm ist dieses Verhalten am Beispiel des Buchstabens P dargestellt. Zuerst wird das DIT Paddle betätigt, es wird ein DIT erzeugt. Noch während das DIT gesendet wird, kann das DAH Paddle betätigt werden und obwohl das DIT Paddle gehalten wird, erfolgt eine Aussendung von Strichen, so lange, wie das DAH Paddle gehalten wird. Wird der Kontakt nach zwei Strichen geöffnet, wird ein DIT gesendet, weil die DIT Taste immer noch gehalten wird. Nach dem Öffnen der Kontakte beide Paddles stoppt die Sendung sofort.
Als Bedienelemente stehen ein Drehencoder für diverse Einstellungen und ein Potentiometer für die Lautstärke des Mithörtons zur Verfügung. Optional kann ein Tastenfeld mit max. 5 Tastern für Zusatzfunktion wie Textspeicher angeschlossen werden. Zur Ausgabe von eingestellten Parametern wird ein 0,96$"$ OLED Display mit 128x64 Pixeln verwendet.
Der Timer 0 läuft mit einem Takt von einer Millisekunde. Im Timer Interrupt werden 3 Zähler verwendet, so dass Zeiten von 1ms, 10ms und 20ms für diverse Abläufe zur Verfügung stehen.
Mit einer konstanten Frequenz wird ein Rechteckimpuls moduliert, bei dem die Weite variert. Das Verhältnis zwischen Impuls und Pause wird Tastgrad (Duty Cycle) genannt.
Am Ausgang von PB3 liegt so bei einem Tastgrad von 50\% ein symmetrisches Rechtecksignal mit 62,5\si{\kilo\Hz} an. Der Effektivwert beträgt bei einer Betriebsspannung $V_{SS}$ von 5V = 2,5V. Die 256-1 sind der maximale Wert (256 Werte von 0-255), den OCR2A haben kann (Timer 2 ist ein 8 Bit Timer).
Das ist aber nicht das Ziel, da der Keyer ein sinusförmiges Signal ausgeben soll. Um das zu erreichen, muss der Effektivwert der Rechteckspannung an PB3 veränderbar sein. Dies erreicht man durch eine Änderung des Tastgrades. Nun kann ein Mikrocontroller an einem digitalen Ausgangsport keinen Sinus erzeugen, einzig eine Treppe mit einer bestimmten Anzahl an Stufen, an- und absteigend ist möglich.
Wenn der obere Zählwert des Timers 2 in OCR2A verändert wird, ändert sich auch der Effektivwert der Rechteckspannung, durch die Änderung des Tastgrades. Läßt man OCR2A von 0 bis 255 zählen, ändert der Tastgrad sich von 0\% bis 100\%. Wenn dies über eine Zeitdauer $\tau$ durch Änderung von OCR2A passiert, dann steigt die effektive Spannung über diese Zeitdauer $\tau$ von 0V-{$V_{SS}$.
Da der digitale Port nur zwischen Low und High wechseln und keine negativen Spannungen erzeugen kann, legt man eine virtuelle Nulllinie auf die Mitte, also auf 2,5V\footnote{es wird im weiteren Verlauf immer von $V_{ss}$ = 5V ausgegangen}. Die 2,5V werden bei einem Tastgrad von 50\% erreicht, entsprechend einem Wert von 128 in OCR2A.
Erhöht man den Wert von OCR2A in Form einer Sinusfunktion von 128 auf 255 über eine Zeitdauer $\tau$, ergibt sich eine ansteigende effektive Spannung in Form einer Sinusfunktion von 2,5V auf 5,0V. Verringert man den Wert von OCR2A von 255 auf 0 in Form einer Sinusfunktion, fällt die effektive Spannung auf 0V. Durch die passende Änderung von OCR2A in Form einer Sinusfunktion über die Zeitdauer $\tau$ können somit Effektivspannungen mit 256 Werten dargestellt werden. Je mehr Werte es über die Zeitdauer $\tau$ sind, umso genauer ist die resultierende Hüllkurve in Form eines Sinus.
Die Zeitdauer $\tau$, mit der OCR2A mit den Werten einer Sinusfunktion geladen wird, legt die Frequenz des Mithörtons fest. Für die Zeitdauer $\tau$ wird ein weiterer Timer benötigt. Für einen Mithörton von 600Hz müssen 600 \cdot 256 Werte pro Sekunde über einen Interrupt in OCR2A geladen werden. Je mehr Werte es sind, um so genauer ist die Kurvenform. Für den Timer kann die Zeit wie folgt berechnet werden:
Die Timer 1 läuft im CTC Modus und es wird ein Output Compare Match Interrupt ausgelöst. Das bedeutet, der Timer läuft bis zum Wert in OCR1A hoch und dann erfolgt der Interrupt. Der Wert für OCR1A wird wie folgt berechnet:
12 für OCR1A ergibt. Allerdings bedeutet eine Frequenz von 153,6\si{\kilo\Hz} für den Timer, dass alle 6,5µs ein Interrupt ausgelöst wird, bei 800\si{Hz} Mithörton sind es alle 5µs.
Der Controller läuft mit 16\si{\mega\Hz}, ein Taktzyklus dauert 62,5ns. Damit bleiben ungefähr 80 Taktzyklen für alle restlichen Aufgaben, wie Tasten abfragen, Display ansteuern, Drehgeber abfragen, CW Zeichen ausgeben. Das ist sehr wenig und die Gefahr besteht, dass Interrupts der Tasteneingänge verloren gehen\footnote{was auch in der Praxis bei den Tests so war}. Der einzige Weg zur Verlängerung der Zeit zwischen 2 Interrupts besteht in einer Verringerung der Werte für die Sinusfunktion. Mit den 256 Werten ist die Kurvenform zwar fein abgestuft, aber der Controller ist damit am Limit.
Bei einer Verringerung auf 64 Werte für den Sinus ergibt sich dann bei 600\si{Hz} eine Zeit von 26µs, das entspricht ungefähr 416 Taktzyklen, was mehr als ausreichend ist. Das der Mithörton dadurch etwas rauher im Klang wird, muss das nachfolgende RLC Filter ausgleichen.
Mit einer Tabelle von 64 Werten ergibt sich für den Timer 1 eine Frequenz von 38,4\si{\kilo\Hz} und für OCR1A ein Wert von 51 bei einem Prescaler von 8.
Die Berechnung der Werte für OCR1A für unterschiedliche Frequenzen des Mithörtons erfolgt nach dieser Formel mit $f_{Sinus}$ als gewünschte Frequenz des Mithörtons.
Wie man sieht, sind das bis auf die CAD Anwendungen und dem PDF Reader alles Anwendungen für die Textconsole. Ich finde, richtig produktiv kann man nur mit der Textconsole arbeiten ;-)